Empathie verstehen und verbessern: Tipps für Beruf und Alltag

Entdecken Sie mit unserem validierten Test Ihre Empathie-Fähigkeiten

Definition: Was ist Empathie?

Die Definition der Empathie nach dem neuesten Stand der Forschung lautet: 

Empathie ist die Fähigkeit, sich treffsicher in die Gedanken- und Gefühlswelt anderer Menschen hineinzuversetzen. Dadurch kann man ihr Verhalten besser verstehen, vorhersagen und sich gezielt darauf einstellen. Nach neuesten Erkenntnissen (siehe Abbildung 1) gibt es drei Arten der Empathie: emotionale (mitfühlen), kognitive (rational verstehen) und soziale Empathie (das Verhalten sozialer Systeme oder "Netzwerke" verstehen und steuern, zum Beispiel Teamgeist entwickeln). 

Welche Fähigkeiten haben empathische Menschen?

Empathie

Abbildung 1: Emotionale (Einfühlungsvermögen), mentale (rationales Verstehen) und soziale (zwischenmenschliche) Empathie (Verhalten von Zielgruppen, Teams, Netzwerken oder Organisationen verstehen)

Testen Sie Ihre empathischen Fähigkeiten!

Möchten Sie Ihre empathischen Fähigkeiten verbessern? Der erste Schritt dazu ist, Ihre persönlichen Stärken und Schwächen zu erkennen. Mit unserem wissenschaftlich fundierten Empathie-Test, der bereits von rund 20.000 Teilnehmern erfolgreich absolviert wurde, können Sie Ihr Profil erstellen. Vergleichen Sie sich unvoreingenommen mit Tausenden anderen und entdecken Sie neue Einsichten. Klicken Sie hier, um den Empathie-Test zu starten und lesen Sie danach weiter! Link zum Empathie-Test (keine Registrierung, keine E-Mail erforderlich; Empfehlung erwünscht). 

Bedeutung und Schattenseiten der Empathie

Empathie und Erfolg (Schlüsselkompetenz)

Was Kunden, Mitarbeiter, Geschäftspartner oder Teams (z. B. in Sitzungen) wirklich denken, fühlen und wollen, bestimmt ihr Verhalten. Diese Gedanken, Gefühle und Absichten sind nur selten offensichtlich. Eine direkte Frage nach den „wahren“ Motiven und Beweggründen bringt meistens nicht viel. Hier hilft nur Empathie. Es ist die Fähigkeit, das Verhalten anderer Menschen oder eines Teams (nachvollziehend) zu verstehen und zutreffend vorherzusagen

Empathische Menschen können auch die Gestik, Mimik, Körperhaltung und den Tonfall ihrer Gesprächspartner richtig deuten und auf das zukünftige Verhalten schließen. Empathie geht über reines (passives) Mitgefühl oder Verständnis hinaus. 

Manche Menschen beherrschen diese Kompetenz sehr gut und andere nur mäßig. Die Ergebnisse unserer Befragung von 19.867 Personen belegen, dass Menschen, die diese Kompetenz beherrschen, wesentlich erfolgreicher sind der Durchschnitt. Dabei ist Erfolg definiert als die Fähigkeit, Ziele oder Pläne in Resultate (Erfolge) umzusetzen.

Aus diesen Gründen gilt die Empathie als eine der wichtigsten Schlüsselkompetenzen - beruflich und privat. Mit anderen Worten: Empathische Menschen erreichen ihre Ziele schneller und einfacher, weil sie mit anderen Menschen und Gruppen besonders geschickt umgehen können.

Empathie kann zur Manipulation missbraucht werden. Dazu gibt es viele Beispiele aus Medien und Politik. Es ist also wichtig zu wissen, wie Empathie in der Praxis "funktioniert". Unser Empathie-Test soll zu diesem Verständnis beitragen. Siehe dazu auch das Kapitel "Missbrauch der Empathie für manipulative Zwecke" auf Wikipedia.

Warum müssen Führungskräfte empathisch sein?

Die wichtigste Kompetenz herausragend erfolgreicher Führungskräfte ist die Fähigkeit, die Vorbildfunktion wahrzunehmen und vertrauensvolle Beziehungen zu Mitarbeitern, Kunden, Geschäftspartnern, Eigentümern oder der Öffentlichkeit herzustellen. Ohne Vertrauen läuft im Management praktisch gar nichts. Und Empathie ist die Grundlage für Vertrauen und vorbildliches Verhalten. Dieses Ergebnis ist durch unsere Befragung von rund 15.000 Fach- und Führungskräften empirisch gut belegt (siehe die Seiten Führungskompetenz und Transformationale Führung).  

Außerdem haben Führungskräfte mit Empathie ein gutes Gespür dafür, wie sich ein derart komplexes soziales System wie zum Beispiel ein Unternehmen verhalten wird. Sie antizipieren, welche Reaktionen sie mit ihren Worten und Taten in einer bestimmten Situation bei einer bestimmten Zielgruppe auslösen werden. 

Diese Teilkompetenz nennen wir „Soziale Empathie“. Führungskräfte mit einer niedrigen Sozialen Empathie wissen das auch und nehmen Personen in ihr Team auf, die diese Schwäche ausgleichen. Mit anderen Worten: Das Top Management Team muss sich in ihren Kompetenzen ergänzen. Siehe dazu die Seite "Top Management Team". 

Eine besondere Herausforderung für Führungskräfte ist die Übernahme von Verantwortung in einer Matrix-Organisation oder in einem interkulturellen Team. Die Funktionsweise sozialer Netzwerke und Systeme zu verstehen und zu wissen, wie man diese steuern kann, bedeutet für Führungskräfte Macht, ohne die sie nicht viel bewirken können. Darauf kommen wir weiter unten noch zu sprechen. 

Tipp: Interview (Video): Empathie für Führungskräfte

In diesem Video beantworte ich Fragen von Irene Willi (Kalaidos-Hochschule, Zürich), deren Seminar-Teilnehmer sich besonders für den Aspekt der Empathie für Führungskräfte interessieren. Das Video finden Sie unter dem folgenden Link: Empathie in der Führung

Schattenseiten der Empathie?

Die „Wirtschaftswoche“ hat in ihrer Ausgabe vom 28.1.2016 zehn Schattenseiten der Empathie genannt. Beispiele: „Empathie laugt aus“, „Empathie macht einsam“, „Empathie begünstigt Korruption“, Empathie ist kein fairer Ratgeber“ etc.  Ähnliche Behauptungen findet man bei „managerSeminare“ vom 18.01.2019.

Aus wissenschaftlicher Perspektive sind das – drastisch formuliert – spekulative, wenig hilfreiche Binsenweisheiten, für die es keinerlei empirische Belege gibt. Sie haben den gleichen Informationsgehalt wie ein Horoskop. Die Behauptungen hören sich plausibel an, sind aber so schwammig, dass man beliebigen Bedeutungen hineininterpretieren kann (Barnum-Effekt). Wie jede andere Kompetenz, kann man auch die Empathie missbrauchen und Schaden anrichten.

Wegen dieser Babylonischen Sprachverwirrung hat das Institut für Management-Innovation rund 17.000 Personen befragt, wie der Begriff Empathie in der Praxis, also im beruflichen Alltag tatsächlich verwendet und verstanden wird. Der Unterschied zum rein akademischen oder journalistischen Sprachgebrauch ist erheblich. Außerdem hat die Befragung eine eine trennscharfe Items zur Definition der Empathie geliefert (siehe dazu den Abschnitt "Gütekriterien des Empathie-Tests". 

Diese Teilkompetenzen sind eng mit dem Erfolg im Leben korreliert – oder vereinfacht ausgedrückt, sie sind (statistisch gesehen) typisch für erfolgreiche und untypisch für erfolglose Menschen. Das gilt vor allem für die Kognitive und Soziale Empathie. Die emotionale Empathie allein (Mitgefühl) leistet nur einen geringen Beitrag zum persönlichen Erfolg im Leben; sie ist aber Grundlage für die beiden anderen Teilkompetenzen. Dabei wurde „Erfolg im Leben“ definiert als die Fähigkeit, Ziele und Absichten in messbare Resultate (Erfolge) umzusetzen (siehe dazu die Seite Umsetzungskompetenz).

Welche „Schattenseiten“ oder „Nachteile“ hat eine Kompetenz, die notwendig ist, um Ziele und Absichten in Resultate (Erfolge) umzusetzen? Dies ist vergleichbar mit der Frage: Welche Schattenseiten hat die Kompetenz, lesenswerte Zeitungsartikel zu schreiben oder Klavier zu spielen?

Definition: emotionale, mentale (kognitive) und soziale Empathie

Empathie-Definitionen

Emotionale (affektive) Empathie 

Die emotionale Empathie wird auch als emotionale Sensitivität bezeichnet. Sie macht es möglich, das gleiche zu fühlen wie andere Menschen (Mitgefühl). Hinzu kommen Merkmale wie emotionale Ansteckung (Stimmungsübertragung) und Hilfsimpuls. Emotionale Empathie ist eine nahezu „automatische“ Reaktion auf die Gefühle Anderer.

Zum Beispiel können viele Mütter bis zu acht verschiedene Tonlagen ihres schreienden Babys zutreffend unterscheiden und das jeweilige Bedürfnis erkennen (statt alles als Hunger zu interpretieren).

Betroffenheit allein ist kein zuverlässiges Anzeichen von Empathiefähigkeit. Die emotionale Empathie macht es möglich, sich in die Gefühlswelt anderer Menschen hineinzuversetzen. Man spricht daher auch von Einfühlungsvermögen.  

Das ist besonders wichtig, wenn es darum geht, vertrauensvolle, gut „funktionierende“ zwischenmenschliche Beziehungen zu schaffen. Emotionale Empathie stärkt den Zusammenhalt.

Kognitive (mentale) Empathie

Das wichtigste Merkmal der kognitiven Empathie ist die Fähigkeit, nicht nur die Gefühle, sondern auch die Gedanken, Absichten und Motive anderer Menschen zu verstehen, um auf ihr zukünftiges Verhalten schließen zu können. Dazu gehört auch die Fähigkeit, indirekte oder nonverbale Botschaften (Körpersprache) korrekt zu entschlüsseln. 

Bei manchen Menschen ist dieses „Gespür“ sehr schwach ausgeprägt. Diese fehlende Empathie macht sie „blind“ dafür, was sie mit ihren Worten oder Taten bei anderen Menschen anrichten können.

Damit machen sie sich das Leben unnötig schwer. Die Fähigkeit der zuverlässigen Einschätzung der Folgen eigener und fremder Entscheidungen und Gefühle stärkt das Verantwortungsbewusstsein und fördert eine erfolgreiche vorausschauende Planung.

Soziale Empathie

Soziale Empathie ist besonders wichtig für den Aufbau und die Pflege nützlicher persönlicher oder beruflicher Kontakte in sozialen Netzwerken (Networking). Wegen der Gruppendynamik verfügen Teams und Gemeinschaften über völlig andere Fähigkeiten und Eigenschaften als die Summe der einzelnen Mitglieder. Ein Team kann Leistungen erbringen, zu denen einzelne Menschen gar nicht fähig wären. Daraus resultiert die dritte Teilkompetenz der Empathiefähigkeit, die soziale Empathie. Sie ist aus folgenden Gründen besonders wichtig: 

In der heutigen Berufswelt wird die meiste Arbeit in Teams oder Gruppen erledigt. Ohne ein "Gespür" dafür zu haben, nach welchen (meist unausgesprochenen) Spielregeln ein solche Systeme zwischenmenschlicher Beziehungen "funktionieren" (Gruppendynamik), kann man es weder verstehen noch gestalten oder steuern. 

Das gilt auch für die Zusammenarbeit über Abteilungen oder Funktionen hinweg (zum Beispiel in interdisziplinären Projekten). Wichtige Informationen oder Know-how sind meist über das gesamte Unternehmen verstreut. Hinzu kommt, dass diese relevanten Informationen immer an Menschen und nicht an Papier oder elektronische Dateien gebunden sind. Folglich gibt es ohne soziale Beziehungen auch kaum Zugang zu dem, was wirklich wichtig ist. 

Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung der sozialen Empathie ist das Verhalten einer Fußballmannschaft, einer Belegschaft oder einer politischen Organisation. Ein Team verhält sich grundsätzlich anders als einzelne Personen. Daniel Goleman bemerkte dazu: „teams are cauldrons of bubbling emotions“. Es kommt darauf an, dieses "Brodeln" korrekt zu deuten. 

Eine Führungskraft benötigt völlig andere Fähigkeiten, wenn sie eine Mannschaft, ein Team oder die gesamte Belegschaft motivieren will (als wenn es um einzelne Personen geht). Ein einfaches Beispiel ist das Verhalten bei einer Sitzung, das oft nach versteckten Regeln funktioniert. 

Soziale Empathie: Dynamit im Team verstehenSozial empathischen Führungskräften fällt es leicht, sich spontan und intuitiv „richtig“ auf Menschen mit äußerst unterschiedlichen charakterlichen Eigenschaften aus verschiedenen sozialen Schichten, Funktionen, Altersgruppen oder Kulturen einzustellen.  

Im Falle eines Unternehmens muss ein Geschäftsführer zutreffend einschätzen, wie sich zum beispiel eine Entscheidung über alle Hierarchieebenen hinweg auswirken wird. Er muss das gesamte System "durchschauen". In der Praxis gibt es verschiedene Bezeichnungen für diese Kompetenz. Beispiele sind: 

  • den Blick für das große Ganze haben
  • Muster erkennen
  • sich vorstellen, welche Konsequenzen eine heutige Maßnahme in den nächsten Jahren haben wird
  • erkennen, wie Macht und Einfluss in einem Buying Center aufgeteilt sind
  • wissen, an welchem "Strang" man ziehen muss, um am anderen Ende einen Effekt zu erzielen
  • ein sicheres Gespür für das Wesentliche in einer unüberschaubaren Situation haben
  • bei Risiko und Unsicherheit entscheiden 
  • erkennen, wer das Sagen in einer Gruppe hat
  • zuverlässig den informellen "Anführer" identifizieren usw. 

Erfahrene Teamleiter oder Trainer haben oft ein intuitives „Gespür“ dafür, wie sie den Teamgeist fördern können. Dieses "Gespür" kann man "sichtbar" machen. Siehe dazu den Test der Teamfähigkeit, mit dem man das Zusammenspiel verschiedener Aufgaben und Rollen im Team erklären kann. 

Nachweis der Sozialen Empathie

Mit dem hier vorgestellten Empathie-Test ist es möglich, die Existenz der Sozialen Empathie anhand  einer Stichprobe von 19.867 Teilnehmern valide zu belegen und zu messen (siehe dazu die Gütekriterien des Gießener Inventars der Empathie weiter unten).

Die Soziale Empathie korreliert am stärksten (r = 0,6) mit der Führungskompetenz (Transformationale Führung), wie sie von Führungskräften mit mindestens 5 Jahren Erfahrung als disziplinarische Vorgesetzte praktiziert wird (Emotionale Empathie = 0,3 und Mentale Empathie = 0,5). 

Fazit

Mentale (kognitive) und soziale Empathie sind Bestandteil der „Theory of Mind“. Es ist die Fähigkeit, sich eine korrekte Vorstellung davon zu bilden, was andere Personen oder eine Gruppe fühlen und denken (erwarten, beabsichtigen, meinen, wissen oder wollen), und was sie (höchstwahrscheinlich) als nächstes tun, oder wie sie sich entscheiden werden.

Diese korrekte Erklärung und Vorhersage des Verhaltens ist so komplex, dass man dazu – wie Daniel Kahneman bemerkt – einen sechsten Sinn oder Intuition benötigt. Es ist the mystery of knowing without knowing.

Es dauert viele Jahre, um diese Fähigkeit zu entwickeln. Patentrezepte gibt es auch nicht. Der hier dargestellte Test soll einen ersten Einstieg ermöglichen. 

Das Verhalten sozialer Systeme folgt einer Logik (Dynamik), die durch Rituale, Gewohnheiten, Feind- und Vorbilder, Werte Normen, Glaubenssätze, Routinen, (ungeschriebene) Spielregeln und Ideologien beeinflusst wird (in einem dynamischen soziokulturellen Umfeld). In der Praxis findet man solche Systema in form der Matrix- oder Tensororganisation ("dreidimensionale" Matrix).

Ohne soziale Empathie kann man das Verhalten derartiger Systeme weder verstehen noch gestalten. 

"Messung" (Diagnose und Test) Ihrer Empathiefähigkeit

Test: Wie empathisch sind Sie im Vergleich zu anderen Menschen?  Diagenose (Test) der Empathie

Wenn Sie Ihre empathischen Fähigkeiten verstehen, lernen oder verbessern wollen, beginnen Sie bitte mit einer wissenschaftlich fundierten "Diagnose" (einem validierten Test) Ihrer Stärken und schwächen. Der Grund: Kein seriöser Arzt würde Ihnen Vorschläge zur Verbesserung Ihrer Gesundheit ohne wissenschaftlich fundierte (valide) Diagnose machen. Das gilt auch in der seriösen Psychologie. 

Auf die "Diagnose" folgt die Entwicklung Ihrer Empathie (siehe dazu das Kapitel "So verbessern Sie Ihre Empathiefähigkeit!).

Tipp zur Vorgehensweise

  • Vorschlag: Beginnen Sie mit dem Test möglichst unvoreingenommen, und studieren Sie anschließend den wissenschaftlichen Hintergrund und die Validierung des Gießener Inventars der Empathie. 
  • Mit diesem Test ermitteln Sie Ihr Profil der Teilkompetenzen der Empathie im Vergleich zu rund 17.000 anderen Teilnehmern an diesem Test.
  • Empathie-Test (Link zum Gießener Inventar der Empathie). 

Das Gießener Inventar der Empathie: Gütekriterien (Validität und Reliabilität)

Wissenschaftlicher Hintergrund 

Zur Entwicklung des Gießener Inventars der Empathie wurden am Institut für Management-Innovation rund 300 wissenschaftliche Publikationen mit Definitionen und Skalen und zur Messung der Empathie systematisch ausgewertet. Eine Veröffentlichung der Einzelheiten erfolgt demnächst. Den Ablauf kann man wie folgt zusammenfassen:   

Die rund 300 Skalen aus dem deutschen und angloamerikanischen Sprachraum wurden anhand ihrer Gütekriterien priorisiert. Daraus entstand ein Inventar mit drei Skalen (affektive, kognitive und soziale Empathie) und jeweils acht Items.

Dieses Inventar wurde regelmäßig in verschiedenen Programmen der Führungskräfteentwicklung eingesetzt, getestet, kritisch diskutiert und kontinuierlich verbessert. Es stammt also nicht aus dem klinischen Umfeld, sondern aus der Praxis des Managements

Es handelt sich um Programme vorwiegend deutscher Unternehmen (siehe Referenzen). Hinzu kam die Anwendung im persönlichen Coaching von jährlich rund 100 Führungskräften im Zusammenhang mit dem 360-Grad-Feedback (siehe Homepage und Referenzen). 

Die Ermittlung und Prüfung der Gütekriterien des Gießener Inventars der Empathie erfolgte in den letzten vier Jahren regelmäßig anhand einer Online-Befragung mit inzwischen (Stand April 2021) rund 20.000 Teilnehmern. 

Hinweis: Eine verständliche Erklärung der Gütekriterein finden Sie auf der Seite: "Gütekriterien - Tipps zur Praxis"

Reliabilität (Zuverlässigkeit) 

Bei der letzten Auswertung im April 2021 lag der Stichprobenumfang zur Validierung dieses Empathie-Tests bei n = 19.867 (auswertbare Datensätze bzw. Teilnehmer). Die Kennzahlen sehen wie folgt aus:

Die drei Skalen zeigen Werte ihrer internen Konsistenz zwischen α = .79 (Soziale Empathie) und α = .84 (Kognitive Empathie).

Die Gesamtskala (24 Items) weist einen Wert für Cronbachs α von .92 auf. Die Split-Half-Methode ergab einen α-Wert von .865 für die erste Hälfte der Items und .841 für die zweite Hälfte, sowie einen Spearman-Brown-Koeffizienten von .869. 

Die Trennschärfenanalyse zeigte auf, dass 13 Items Werte von über .5 innerhalb ihrer Unterskala erzielten. Die neun übrigen Items erreichten Werte, die knapp darunter liegen (0.39 bis 0.49). Eine weitergehende Verbesserung der Trennschärfe der Unterskalen hätte nur einen rein akademischen Sinn, zumal der Test acht Items pro Skala enthält.

Auch die erste Version des Empathie-Tests konnte weitgehend überzeugen. Der Stichprobenumfang lag bei n = 2.140. Die einzelnen Skalen zeigten Werte bezüglich der internen Konsistenz zwischen α = .79 (Soziale Empathie) und α = .85 (Kognitive Empathie). Die Gesamtskala wies einen Wert für Cronbachs α von .92 auf. Die Split-Half-Methode ergab einen α-Wert von .87 für die erste Hälfte der Items und .85 für die zweite Hälfte, sowie einen Spearman-Brown-Koeffizienten von .90.

Validität (Praxisbezug)

Ein Ziel der Studie war es zu prüfen, welche Bedeutung Empathie für den Erfolg im Leben hat. Deswegen wurde der Zusammenhang der drei Empathie-Skalen mit den bereits validierten Erfolgsfaktoren (Erfolgsindex) aus dem Gießener Inventar der Umsetzungskompetenz* und der Transformationalen Führung untersucht.  

Dieser Erfolgsindex besteht aus zwei Komponenten: (1) der langfristigen Einkommensentwicklung und den (2) den Persönlichkeitsmerkmalen überdurchschnittlich erfolgreicher Unternehmerpersönlichkeiten aus der Untersuchung von Csíkszentmihályiund aus einer Langzeitstudie mit 1.528 Kindern aus Kalifornien, deren beruflicher und privater Lebenserfolg übe 40 Jahre hinweg analysiert wurde (Einzelheiten siehe Myers). 

Die aktuelle Persönlichkeitsforschung bestätigt die prognostische Validität dieser Merkmale (dass sie Erfolg vorhersagen können). Siehe dazu die Grit Scale (beschrieben im Artikel von Hammond und der dort angegebenen Fachliteratur).

Erfolgsfaktoren verdienen diese Bezeichnung nur dann, wenn sie typisch für erfolgreiche und zugleich untypisch für erfolglose Menschen sind. Aus diesem Grund wurde das erfolgreichste mit dem erfolglosesten Zehntel der Teilnehmer verglichen (jeweils rund 1.200 Personen). Dabei geht es um die Frage: „Bei welchen Verhaltensweisen (Items) ist der Unterschied zwischen "Erfolgreichen" und "Erfolglosen" besonders groß?“ Dazu gehören folgende Verhaltensindikatoren:

  • „Ich habe ein ausgeprägtes Durchhaltevermögen.“ 
  • „Ich beeinflusse meine Gefühle in einer Weise, die mir die Arbeit erleichtert.“ 
  • „Meine Arbeit hat einen höheren Sinn und Zweck als 'nur' Einkommen, Karriere und Anerkennung“ 
  • „Es fällt mir schwer, eine negative Stimmung gezielt zu verbessern (umgepolt).“ 
  • „Ich bekomme zu wenig Anerkennung, obwohl ich gute Leistungen bringe (umgepolt).“ 
  • „Es dauert ziemlich lange, bis ich mich nach großen Niederlagen wieder erhole (umgepolt).“

Fazit zur Erfolgsrelevanz der Sozialen Empathie

Soziale Empathie hat die höchste (r = 0.48) und Emotionale Empathie die niedrigste (r = 0.12) Erfolgsrelevanz (statistisch gesehen). Für Menschen mit besonders stark ausgeprägter Sozialer Empathie ist es typisch, dass es ihnen leichtfällt, eine negative Stimmung gezielt zu verbessern; sie haben ein ausgeprägtes Durchhaltevermögen, sie wissen, was sie wollen, und sie überwinden starke interne und externe Widerstände.

Diese Verhaltensweisen sind zugleich untypisch für die emotionale Empathie. Diese Menschen brauchen ziemlich lange bis sie sich von großen Niederlagen erholt haben, und sie sind stärker auf Lob und Anerkennung (von außen) angewiesen (statt sich dies selbst zu erarbeiten). Die analogen Werte für die kognitive (mentale) Empathie liegen deutlich näher bei der sozialen Empathie als bei der emotionalen Empathie.

Normierung

Die Normierungsstichprobe besteht aus mehr als 30.000 Datensätzen (Stand April 2022) mit zahlreichen demographischen Daten wie zum Beispiel Alter, Abschluss, berufliche Stellung, Führungserfahrung oder Einkommen. Mit diesen Informationen kann man aussagekräftige („repräsentative“) Vergleichsdaten für bestimmte Zielgruppen ermitteln. 

Beispiel: Die männlichen Vertriebsleiter mit einer technischen Ausbildung und mehr als fünf Jahren Führungserfahrung, die in einem Großunternehmen arbeiten, haben bei der Sozialen Empathie einen Wert von 4,2 erzielt (zum Beispiel im 360-Grad-Feedback). Ist das viel oder wenig (im Vergleich zu Wettbewerbern, die ebenfalls an Buying Center verkaufen). Je nachdem, wie dieser Vergleich ausfällt, kann ein sehr hoher oder gar kein Handlungsbedarf bestehen.

Dieses Beispiel lässt sich problemlos auf viele andere Zielgruppen und Organisationen (Unternehmen, Behörden oder Abteilungen) übertragen.

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* Einzelheiten zum Erfolgsindex siehe:

  • Pelz, W.: Umsetzungskompetenz als Schlüsselkompetenz für Führungspersönlichkeiten. In: Au, Corinna von (Hrsg.): Leadership und angewandte Psychologie. Band 3: Eigenschaften und Kompetenzen von Führungspersönlichkeiten. Berlin: Springer Verlag 2017
  • Pelz, W.: Transformationale Führung – Forschungsstand und Umsetzung in der Praxis. In: Au, Corinna von (Hrsg.): Leadership und angewandte Psychologie. Band 1: Wirksame und nachhaltige Führungsansätze. Berlin: Springer Verlag 2016 

So lernen und verbessern Sie Ihre Empathie!

Mit der Diagnose Ihrer Stärken und Schwächen beginnen

Empathie-Fähigkeit

Erstellen Sie mit dem Empathie-Test ein Stärken-Schwächen-Profil (Diagnose) Ihrer empathischen Fähigkeiten. Die Testergebnisse zeigen, wie stark Ihre emotionale, mentale oder soziale Empathie im Vergleich zu einigen Tausend anderer Teilnehmer an diesem Test ausgeprägt ist. 

Ein Ziel sollte es sein, alle drei Teilkompetenzen (emotionale, mentale und soziale Empathie) zu beherrschen. Handlungsbedarf besteht dort, wo Ihre Ergebnisse deutlich unter dem Durchschnitt liegen. So vermeiden Sie Nachteile gegenüber Ihren Mitmenschen (mit einem ausgewogenen Profil). 

Zuvor berufliche und private Ziele festlegen 

Eine durchschnittliche (ausgewogene) Empathiefähigkeit ist wichtig, kann aber nicht das endgültige Ziel sein. Entscheidend sind Ihre persönlichen und beruflichen Ziele. Diese bestimmen, welche Empathie-Art besonders wichtig für Sie ist. Beispielsweise haben Manager, Verkäufer, Buchhalter, Ärzte, Journalisten oder Fußballtrainer völlig unterschiedliche Aufgaben und Ziele. Folglich sind dazu sehr verschiedene Kombinationen empathischer Fähigkeiten (Stärken) notwendig. Auch innerhalb der beruflichen Entwicklung ("Karriere") verändern sich die Anforderungen an die Empathie

Persönlichen Entwicklungsplan erarbeiten

Anregungen, wie Sie Ihre beruflichen und privaten Ziele festlegen können, finden Sie auf den folgenden Seiten:   

Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele ergreifen

Wenn Sie Ihre Ziele und die dazu notwendigen Kompetenzen festgelegt haben, folgt als nächster Schritt die Suche nach Maßnahmen, wie Sie Ihre (empathischen) Stärken weiter ausbauen und Ihre Schwächen überwinden können. Grundlage dafür sind die (validierten) Verhaltensbeschreibungen (Fachbegriff: Items) der drei Teilkompetenzen der Empathie. Jede dieser Teilkompetenzen ist durch acht Items operationalisiert (siehe Fragen im Test). Beispiele für solche Items (Stärken) sind:

  • "Ich merke sofort, wenn mein Gesprächspartner das gleiche empfindet wie ich"
  • "Ich erkenne auf Anhieb, was Andere denken oder fühlen, auch wenn sie es nicht sagen"
  • "Ich habe ein sicheres Gespür dafür, welche unausgesprochenen Spielregeln und Beziehungen in einem Team herrschen."

Anschließend suchen Sie nach Maßnahmen, mit denen man dieses Verhalten (Stärke) fördern kann. Die am besten geeignete Methode zum Auffinden von Ideen ist das so genannte Brainstorming. Dabei sollte man beachten, dass die besten Ideen aus wissenschaftlichen Studien, aus Erfahrungen und von Vorbildern aus der Praxis kommen. 

Mit den am einfachsten erlernbaren Fähigkeiten beginnen

Manche empathischen Fähigkeiten sind relativ einfach erlernbar und mache nur schwer oder gar nicht. Schwer erlernbar sind (weitgehend angeborene) Charaktereigenschaften. Ein Beispiel für eine Kombination von (angeborenen) Persönlichkeitsmerkmalen und (erlernbaren) Kompetenzen liefert unsere Studie zur oben erwähnten Resilienz.

Ähnlich ist es im Falle der Empathie: In manchen Familien oder Kulturen lernen Kinder schon sehr früh, darauf zu achten, was Andere oder das Team (die Gruppe) denken und fühlen. Derartige Gewohnheiten verfestigen sich im Laufe der Zeit zu stabilen Charaktereigenschaften. Diese Menschen haben einen großen Vorteil und sollten Berufe wählen, in denen Empathie besonders wichtig ist. Sie werden viel Spaß und Erfolg haben. Für Menschen mit wenig Empathie gibt es genügend andere berufliche Möglichkeiten

Coaching

Die Unterscheidung zwischen (stabilen) Charaktereigenschaften (erlernbaren) Kompetenzen ist vor allem für ein Empathietraining oder Coaching wichtig. Kein Training oder Coaching wird es schaffen, die Persönlichkeit eines Menschen zu verändern. Das bedeutet konkret, dass es in vielen Fällen beziehungsweise bei gegebenen Charaktereigenschaften nur wenig Sinn macht, Empathie zu trainieren. 

Den persönlichen Entwicklungsplan (der relevanten Kompetenzen) können Sie selbst oder mit einem Coach erarbeiten. Dazu bietet das Institut für Management-Innovation ein Coaching-Programm an. Es ist zwar auf Führungskräfte und Potenzialträger spezialisiert, wird aber auf das das jeweilige Thema und die Zielperson angepasst („maßgeschneidert“). Siehe dazu: 

Bei Fragen können Sie uns anrufen oder eine Mail senden (siehe Kontaktdaten). 

Wer ist empathischer: Männer oder Frauen als Führungskräfte?

Ergebnis auf einen Blick

Eine häufig gestellte Frage: Sind Frauen empathischer als Männer? Die folgende Auswertung zeigt den Unterschied von weiblichen und männlichen Führungskräften. Zunächst eine Grafik als Überblick.

Abbildung: Empathie: Unterschied zwischen Frauen und Männern  

Erfahrene Führungskräfte

Der Unterschied in der Empathiefähigkeit zwischen Männern und Frauen in den Chefetagen ist (statistisch) signifikant (t-Test). Die Abbildung zeigt die drei Teilkompetenzen der Empathie (emotionale, mentale und soziale Empathie) von weiblichen und männlichen Führungskräften mit mindestens fünf Jahren Erfahrung als disziplinarische Vorgesetzte. Auf einer fünfpoligen Skala konnten die Teilnehmer anklicken, wie zutreffend die Aussagen (Items) ihr Verhalten beschreiben ("trifft sehr selten zu" bis "trifft sehr häufig zu"). 

Stichprobe

Für den Vergleich wurde eine Zufalls-Stichprobe von 1.684 Fach- und Führungskräften gezogen und nach Geschlechtern und Führungserfahrung ausgewertet. Die Frauen schneiden bei allen drei Empathie-Kompetenzen besser ab. Das ergab auch eine frühere Stichprobe mit rund 4.500 Befragten. Beachten Sie bitte, dass die Unterschiede in der Abbildung optisch „vergrößert“ wurden (die Skala beginnt bei 3 und endet bei 4,5). 

Fazit

Über die (statistischen) und faktischen Unterschiede kann man lange diskutieren; unstrittig ist dagegen, was beide Geschlechter verbindet: Die Umsetzungskompetenz, also die Fähigkeit, Ziele in messbare Resultate umzusetzen. Hier besteht kein signifikanter Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Führungskräften. Wenn Führungskräfte umsetzungsstark sind, treten andere Dinge wie zum Beispiel Geschlecht, Alter, Führungsstile oder Persönlichkeitsmerkmale in den Hintergrund.

Bei dieser Auswertung ist zu beachten, dass der Test das Selbstbild widerspiegelt. Objektivere Ergebnisse bekommt man, wenn man das Fremdbild hinzuzieht – zum Beispiel in einem 360-Grad-Feedback.

Empathie verstehen und verbessern – Übungen für Beruf und Allta

Entdecken Sie an unserem Institut ein breites Spektrum an Empathie-Übungen, die wir gezielt auf Ihre persönlichen Bedürfnisse zuschneiden. Mit Hilfe unseres validierten Empathie-Tests ermitteln wir Ihre individuellen Stärken und Schwächen, um das Coaching optimal auf Sie abzustimmen. Hier einige Beispiele für Übungen. 

Übungen

Praktische Übungen zur Steigerung der emotionalen Empathie:

  • Aktives Zuhören: Üben Sie in Gesprächen, wirklich zuzuhören, ohne sofort zu urteilen oder Antworten zu formulieren. Konzentrieren Sie sich darauf, die Emotionen hinter den Worten Ihres Gegenübers zu erfassen.
  • Rollenspiele: Versetzen Sie sich in die Lage einer anderen Person und versuchen Sie, deren Perspektive einzunehmen. Dies kann durch fiktive Szenarien oder Nachspielen realer Begebenheiten erfolgen.

Methoden zur Verbesserung der kognitiven Empathie:

  • Perspektivwechsel-Training: Regelmäßig Situationen aus der Sicht anderer betrachten und mögliche Gedankengänge nachvollziehen.
  • Feedback einholen: Fragen Sie Kollegen und Freunde, wie sie bestimmte Situationen wahrgenommen haben und vergleichen Sie diese Eindrücke mit Ihren eigenen.

Strategien zur Entwicklung sozialer Empathie:

  • Teamdynamik beobachten: Nehmen Sie an Gruppenaktivitäten teil und beobachten Sie, wie Interaktionen ablaufen und welche unausgesprochenen Regeln gelten.
  • Netzwerkanalyse: Erstellen Sie eine Karte Ihrer sozialen Netzwerke (beruflich und privat) und analysieren Sie die Beziehungen zwischen den Personen.
  • Reflexionstagebuch führen: Schreiben Sie täglich auf, in welchen Situationen Sie empathisch reagiert haben und wo es Ihnen schwerfiel. Reflektieren Sie über mögliche Gründe und wie Sie Ihre Reaktion verbessern können. 

Weitere Empfehlungen

Die effektivste Methode zur Förderung der Empathie ist ein Auslandsaufenthalt, bei dem Sie eine spezifische Aufgabe im Ausland wahrnehmen. Menschen, die eher scheu und zurückhaltend sind, profitieren von einem Aufenthalt in Ländern wie Brasilien. Für eher extravertierte Personen können Länder wie Japan oder China besonders bereichernd sein. Besonders herausfordernd und damit entwicklungsfördernd kann es sein, wenn beispielsweise eine Frau eine Führungsposition in einem arabischen Land übernimmt.

In zahlreichen 360-Grad-Feedbacks stoßen wir häufig auf außergewöhnliche Führungstalente. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass diese herausragenden Talente eines gemeinsam haben: Sie haben bereits sehr früh in ihrer beruflichen Laufbahn Menschen geführt, die wesentlich älter und erfahrener waren als sie selbst.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, sich ehrenamtlich in sozialen Projekten oder  Organisationen zu engagieren. Damit können Sie Ihre soziale Wahrnehmung deutlich schärfen. 


Interessante Links, Interviews und Podcasts zur Vertiefung

Interview für den Harvard Business Manager

Interview für Jennifer Kersten

JK: "Empathie ist als eine erlernbare Kompetenz zu begreifen und zu trainieren"

  • Eine Aussage von Prof. Dr. Waldemar Pelz, die mich persönlich sehr bewegt hat. Denn in der Literatur über die Hochsensibilität wird die Empathie gern als eine Fähigkeit und Stärke von hochsensiblen Menschen so beschrieben, dass man annehmen könnte, die Empathie sei ihnen "in die Wiege gelegt" worden. 
  • Der Gedanke, dass jeder seine Empathiefähigkeit entwickeln kann, hat mich so begeistert, dass ich mich über dieses Interview besonders freue.

Den Begriff "Empathie" definieren Sie mit drei unterschiedlichen Fähigkeiten: Emotionale, mentale und soziale Empathie. Was bedeuten diese drei Arten der Empathie für die Arbeitswelt?

WP:

  • Emotionale Empathie zeigt an, ob man in einer bestimmten Situation das gleiche Gefühl empfindet, wie zum Beispiel ein Mitarbeiter, ein Kunde oder der Chef. Dafür gibt es den Begriff „Mitgefühl“.
  • Zur emotionalen Empathie gehört auch die Fähigkeit zu erkennen, wenn der Gesprächspartner etwas völlig anderes empfindet. Mit anderen Worten: Es kommt es darauf an, eigene und fremde Gefühle korrekt wahrzunehmen (zu erkennen) und gleichzeitig zu verstehen, warum diese Gefühle ausgelöst wurden (die Ursachen verstehen). 
  • Das reicht in der Arbeitswelt nicht aus. Man benötigt zusätzlich die Fähigkeit, das Verhalten anderer anderen Menschen zutreffend vorherzusagen (zu antizipieren). Das nennt man „Kognitive Empathie“.
  • Typische Fragen sind zum Beispiel: 

(1.) Welche Gefühle und Reaktionen werde ich mit meinen Worten oder Entscheidungen bei anderen Menschen auslösen

(2.) Was muss ich sagen und tun, damit Vertrauen oder Respekt entstehen

(3.) Wie werde ich reagieren, wenn bei mir bestimmte positive oder negative Gefühle ausgelöst werden. 

  • Gruppen oder Teams verhalten sich nach völlig anderen Spielregeln als einzelne Personen. Ein Team ist mehr als die Summe der Eigenschaften seiner Mitglieder. Darauf fokussiert die Soziale Empathie. Sie ist notwendig zum Beispiel bei Projektteams, Arbeitsgruppen, Abteilungen, Teilnehmern an Seminaren, Lesern oder bei Zuhörern allgemein. 
  • Das gilt für die Arbeitswelt genauso wie für den Sport, die Politik oder den Journalismus. Beispielsweise ist es im Fußball sehr wichtig, dass der Trainer es schafft, Teamgeist herzustellen. Mit dem bloßen „Einkauf“ von (teuren) Top-Spielen wird das nicht gelingen. Im Berufsleben ist es das Arbeits- oder Betriebsklima, das über den (wirtschaftlichen) Erfolg entscheidet. 

JK: Warum ist die Empathie laut Ihren wissenschaftlichen Studien eine so wichtige Kernkompetenz?

WP:

  • Die Wichtigkeit der Empathie ist an den genannten Beispielen erkennbar:

(1.) Wie gewinne ich das Vertrauen eines Kunden?

(2.) Wie werden Leser auf eine Story in den Medien reagieren?

3.) Wie schaffe ich es, ein erfolgreiches Team mit Teamgeist zu formen oder ein produktives Arbeitsklima zu schaffen?  

  • Nun kann man viel behaupten, was Menschen, Teams oder Organisationen erfolgreich macht. Entscheidend ist aber die Frage, ob es empirische, wissenschaftlich fundierte Belege für die Wirkung der Empathie auf den Erfolg gibt. 
  • Unsere Befragung von rund 20.000 Personen hat diesen Beleg geliefert: Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Empathie und dem Erfolg im Leben.
    Konkret: Menschen mit Empathie erreichen ihre Ziele schneller und mit weniger Mühe. 

JK: Wie kann jeder seine Empathiefähigkeit verbessern?

WP:

Dazu haben wir am Institut für Management-Innovation ein Stufen-Programm entwickelt. Es beginnt mit der emotionalen und endet mit der sozialen Empathie. 

Manche Menschen sind sich ihrer Gefühle gar nicht bewusst. Sie zeigen zwar starke, messbare körperliche Reaktionen, wissen aber gar nicht, welche Gefühle es sind, woher sie kommen und warm sie entstanden sind. Für sie ist die Welt einfach und rational.

Folglich versuchen sie auch alle Probleme mit rationalen Argumenten und Maßnahmen zu lösen. Das funktioniert aber nur sehr selten – wenn überhaupt. Erst wenn sie begriffen haben, dass man Erfolgsfaktoren wie zum Beispiel, Teamgeist, Vertrauen, Arbeitsklima, Begeisterung, Glaubwürdigkeit, Wertschätzung und Selbstvertrauen nur mit Hilfe der Empathie schaffen kann, sind sie für die nächsten Stufen bereit. 

Fehlende Empathie ist auch der wichtigste Grund dafür, dass die meisten (materiellen) Anreizsysteme in der Praxis nicht richtig funktionieren. 

Vielen Managern ist gar nicht bewusst, was sie mit ihren Worten in der Belegschaft, in der Öffentlichkeit oder bei Kunden auslösen oder anrichten können. 

JK: Vielen herzlichen Dank, Herr Professor Pelz, für Ihre wichtigen Anregungen!

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Autor: Prof. Dr. Waldemar Pelz